Während die Weltgemeinschaft längst aus fossilen Energien aussteigen müsste, sorgt ein Projekt in der Nordsee für Aufsehen: Der niederländische Energiekonzern One-Dyas plant, rund 20 Kilometer vor dem Ferienparadies Borkum neues Erdgas zu fördern – mit Genehmigung deutscher und niederländischer Behörden. Diese Nachricht ist keineswegs aus den 1980er Jahren, sondern von 2024 – als ob es Paris, Rio, Kyoto und Co. nie gegeben hätte. Ab Ende 2024 sollte das Gas von der deutsch-niederländischen Grenze richtung Groningen fließen.
Derzeit hat das Projekt nur eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das geplante Seekabel vorerst gestoppt. Umweltverbände, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen kritisieren die Pläne scharf, denn die geplante Erdgasförderung steht in direktem Widerspruch zu internationalen Klimazielen. Luisa Neubauer sieht in der Bohrinsel den „Beginn einer neuen fossilen Ausbeutungsära auf deutschem Gebiet“ (u.a. NDR).
Fossiler Rückschritt: Warum die Bohrinsel vor Borkum so umstritten ist
Markus Raschke, Geschäftsführer der Protect the Planet gGmbH ist vorige Woche der Einladung gefolgt, sich von der Situation vor Borkum persönlich ein Bild zu machen, gemeinsam mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke, dem Grünen-Vorsitzenden Felix Banaszak, einigen Bundestagsabgeordneten, Wissenschaftler*innen und Umweltaktivisti.
„Wir müssen ein starkes Zeichen gegen die geplante Gasförderung vor der Küste zu setzen, die hier im wahrsten Sinne des Wortes nur noch durch einen seidenen Faden dank der Klage der DUH gegen das Unterseekabel verhindert wird.“, so Markus Raschke.
Auch der vom Wahlkampf motivierte Besuch der Grünen vor Ort spart nicht mit deutlichen Worten. „Das Wattenmeer ist eines der sensibelsten und wertvollsten Ökosysteme, die wir haben, es muss geschützt werden. Deshalb halte ich die Förderung hier für nicht richtig“, so Bundesumweltministerin Steffi Lemke. Auch Grünen-Parteichef Felix Banaszak bezeichnet die Erdgasförderung vor der ostfristischen Insel als ein „Symbol verfehlter Energiepolitik“.
Neben der DUH, die gegen den Anschluss des Projektes Klage eingereicht hat, gab es Proteste von Anwohner*innen, Greenpeace, Fridays for Future und weiteren örtlichen Gruppen (siehe Bericht in der TAZ).
Fossiler Rückschritt: Warum die Bohrinsel vor Borkum so umstritten ist
Klimapolitisch ist diese Bohrinsel Wahnsinn – und ein Signal in die falsche Richtung.
„Allein im vergangenen Jahr wurden Windkraftanlagen genehmigt, die das 15- bis 45-fache an Wärmeenergie liefern könnten, wenn die Politik die Wärmewende vorantreiben würde. Zudem ist der Gasverbrauch in Deutschland seit 2021 um über 20% gesunken.“ erklärt Simon Müller, bei Agora Energiewende bekannt gewordener Experte für Klima- und Energiepolitik am Rande der Bootsfahrt.
„Die gesamte Bundespoltiik ist dazu aufgerufen, die Elektrifizierung unserer Energieversorgung und den massiven Ausbau erneuerbarer Energien voranzubringen – hierzu gehört eine Gasausstiegsstrategie, vernünftiger Schutz unserer Biodiversität und ehrliche Kommunikation, dass Gas langfristig ein teurer fossiler Klimakrisentreiber ist. Wie auch bei dieser Bohrinsel sehen wir den Rechtsweg als Ausweg einer politischen Sackgasse an, um der Politik wieder ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz abzuringen und echte Maßnahmen aus dem Bundestag zu bekommen.“ erklärt Protect the Planet-Geschäftsführer Markus Raschke.
Der Bohrinsel-Besuch in der vergangenen Woche fand bei dreieinhalb Meter hohem Wellengang statt, windig und kalt. Ein ausgezeichnetes Symbol für die aktuellen (klima-)politische Weltlage: Auf dem Besucher-Schiff wie in Welt brauchen Politik und Klimaaktivisti derzeit starken Halt, um sichere und gerechte Klimaschutzlösungen weiter durchzusetzen.