Der Kommentar von Dr. Martin Köppel zur aktuellen klimapolitischen Lage
Ja: Die Nachrichtenlage und auch das aktuelle Wetter zu dieser Jahreszeit können schnell bei uns bewirken, dass wir den Kopf in den Sand stecken wollen. Aus der Wissenschaft hören wir zum Beispiel, dass das Westantarktis-Eis nicht mehr zu retten ist. Und während eine neue Studie zu dem Schluss kommt, dass unser globales CO₂-Budget schneller aufgebraucht sein könnte als bislang berechnet, mehren sich Anzeichen, dass das Jahr 2023 bereits das erste Jahr werden könnte, in dem eine durchschnittliche globale Erwärmung von 1,5-Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erreicht wird.
Und dann noch das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF), das sich auf sozial-gerechten Klimaschutz verheerend auswirkt, da 60 Milliarden Euro zur Finanzierung verschiedener klimafreundlicher Projekte und darüber hinaus nun fehlen.
Parallel sehen wir, wie die führenden Mineralölkonzerne ihre Produktion aus Profitinteressen wieder ausweiten und wie weltweit hunderte Unternehmen neue Kohlekapazitäten entwickeln – 96 % der Öl- und Gasförderer suchen oder erschließen derzeit neue Felder; über 1.000 Unternehmen planen neue LNG-Terminals, Pipelines oder Gaskraftwerke. Die weltweite Gaskraftwerkskapazität soll um 30 % wachsen, die LNG-Exportkapazität sogar um 162 % – und der überwiegende Großteil noch immer keinen Kohleausstiegsplan hat – wie die gerade von Urgewald und über 40 NGO-Partnern veröffentlichte neue „Global Coal Exit List“ (GCEL) sowie die aktualisierte „Global Oil & Gas Exit List“ (GOGEL 2023) belegen.
Auf Bundesebene waren zudem die vergangenen Wochen von rückschrittlichen Äußerungen und Vorhaben in Bezug auf die Klimapolitik geprägt. Vom Infragestellen des Kohleausstiegs 2030 durch Finanzminister Lindner (was von Klimaexpert*innen als falsch bewertet wurde) über den Versuch der Bundesregierung, das Klimaschutzgesetz aufzuweichen (was in seltener Einigkeit von allen – durch die Parteien – eingeladenen Expertinnen und Experten in einer Bundestags-Anhörung massiv kritisiert wurde) bis hin zu den unsäglichen Diskussionen, ob es die Gelder aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) wirklich für den Klimaschutz bräuchte.
Karikatur: Gerhard Mester
Für eine Hängepartie im Klimaschutz haben wir jedoch keine Zeit! Daher halten wir als Protect the Planet dagegen. Zum Beispiel, indem wir eine Unterschriftenaktion zum Klimageld gestartet haben – gemeinsam mit dem Umweltinstitut München, WWF Deutschland, Klima-Allianz Deutschland, dem Deutschen Naturschutzring, TogetherForFuture, GermanZero, ClientEarth, der Arbeiterwohlfahrt und vielen andern Organisationen. Gemeinsam mit 50 Verbänden appelieren wir an die Bundesregierung, das Klimaschutzgesetz zu verstärken statt abzuschwächen. Zudem haben wir uns an einer Social Media-Aktion der Klima-Allianz Deutschland für ein starkes Klimaschutzgesetz beteiligt.
Darüber hinaus fordern wir, dass nun endlich auch die klimaschädlichen Subventionen auf den Prüfstand müssen. Eine gute Grundlage bietet die Liste des Umweltbundesamtes sowie die neue Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland, des Deutschen Caritasverbandes und des WWF Deutschland zu den sozialen und ökologischen Wirkungen der Entfernungspauschale, besser auch als „Pendlerpauschale“ bekannt. Das Kurzfazit hier lautet: Die Pendlerpauschale ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch ungerecht.
Dies – und vieles mehr lesen Sie in der November-Ausgabe unseres Newsletters. Ich wünsche viel Freude bei der Lektüre und Inspiration. Lassen Sie uns gemeinsam dazu beitragen, die Klimakatastrophe zu verhindern.
Herzliche Grüße
Dr. Martin Köppel
Geschäftsführer von Protect the Planet
…wussten Sie: Protect the Planet wurde heute – auf den Tag genau – vor 5 Jahren offiziell gegründet. Am 23.11.2018 erfolgte die Eintragung der gemeinnützigen Organisation im Handelsregister. Doch auch bereits vor der offiziellen Eintragung haben die Protect the Planet-Gründer*innen Dorothea Sick-Thies, Carl-A. Fechner und Markus Gohr sich mit einer Vielzahl von Projekten und Aktionen für den Schutz unseres Planeten eingesetzt.