Die Diskussion um Atomkraft erlebt immer wieder ein Comeback – so werben auch jetzt im Wahlkampf Union, FDP und AfD für neue Atomreaktoren. Doch handelt es sich hierbei um eine echte Alternative oder nur um eine Scheindebatte? Ein Blick auf die Fakten zeigt: Die Argumente für Atomkraft sind oft überholt, wirtschaftlich fragwürdig und lenken von den eigentlichen Lösungen ab.

Atomkraft: weder wirtschaftlich noch nachhaltig

den Energiebedarf zu decken. Doch das ist schlicht falsch. Bereits heute decken erneuerbare Energien mehr als die Hälfte des deutschen Strombedarfs – und ihr Anteil wächst stetig. Zum Vergleich: Der Höchststand des Atomstrom-Anteils in Deutschland lag in den 2000er Jahren bei rund 30 %, weit entfernt von der aktuellen Leistung der Erneuerbaren.

Atomkraftwerke sind wirtschaftlich nicht rentabel. Selbst der RWE-Chef Markus Krebber sagte in einem Interview, dass neue Atomkraftwerke in Deutschland nicht wirtschaftlich seien. Ein Blick nach Großbritannien zeigt, warum: Das neue britische Kernkraftwerk Hinkley Point C entwickelt sich zum Milliardengrab – die Kosten explodieren, die Bauzeit verzögert sich immer weiter. Noch gravierender wird es, wenn man die Kosten für die Endlagerung von Atommüll berücksichtigt. Die sichere Lagerung für Tausende von Jahren verursacht unkalkulierbare Folgekosten, die in keiner Wirtschaftlichkeitsrechnung realistisch berücksichtigt werden.

Ein weiteres Problem: Uran ist endlich und seine Verfügbarkeit steht langfristig infrage. Zudem stammt ein Großteil des derzeit gehandelten Urans aus Ländern wie Russland, Kasachstan und Niger – also Staaten, die politisch nicht unbedingt stabil oder verlässliche Partner sind. Atomstrom bedeutet also auch weiterhin Abhängigkeit von geopolitischen Unsicherheiten.

Kernfusion und Technologieoffenheit: Zukunftsvision oder Ausrede?

Anhänger der Atomkraft verweisen gerne auf Kernfusion als Zukunftslösung. Doch selbst optimistische Prognosen rechnen nicht vor 2050 mit einem kommerziellen Einsatz. Bis dahin müssen wir bereits längst klimaneutral sein – es ist also keine kurzfristig realistische Option.

Ein weiteres Schlagwort in der Debatte ist „Technologieoffenheit“. Doch was bedeutet das eigentlich? In der Praxis oft nicht mehr als: „Wir warten mal ab, ob sich die Kernkraft irgendwann doch noch lohnt“. Doch warum sollten wir auf eine Technologie setzen, die teuer, risikobehaftet und langsam ist, wenn wir bereits verlässliche und erprobte Alternativen haben?

Die Zukunft gehört den Erneuerbaren

Moderne Windkraft- und Solaranlagen haben sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Die Leistung von Windrädern ist heute um ein Vielfaches höher als noch vor zehn Jahren. Zudem sind erneuerbare Energien nicht nur umweltfreundlich, sondern auch wirtschaftlich attraktiver – die Stromgestehungskosten liegen bereits unter denen fossiler und nuklearer Kraftwerke.

Ein weiteres Argument gegen erneuerbare Energien ist die angebliche Versorgungslücke bei Windstille und wenig Sonnenschein – die sogenannte Dunkelflaute. Doch durch eine Kombination aus Speichern, smarter Netzintegration und europaweitem Stromaustausch wird dieses Problem immer weiter minimiert. Zudem stehen Technologien wie grüner Wasserstoff bereit, um eine langfristige Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Die Debatte um Atomkraft ist eine Scheindebatte. Sie lenkt von den echten Lösungen ab und gibt vor, eine Alternative zu sein, die wirtschaftlich und ökologisch nicht tragfähig ist. Statt weiter Zeit und Geld in eine veraltete Technologie zu stecken, sollten wir auf den konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien setzen. Denn sie sind nicht nur sicherer und günstiger – sie sind die einzige realistische Zukunft.

Zum Weiterlesen: 

• DIW Wochenbericht, 1860-8787 Vol 90, 10/2023, S. 111-121: Ausbau von Kernkraftwerken entbehrt technischer und ökonomischer Grundlagen 
• DIW Wochenbericht, 1860-8787 Vol 86, 30/2019, S. 511-520: Zu teuer und zu gefährlich: Atomkraft ist keine Option für eine klimafreundliche Energieversorgung
• .ausgestrahlt. Atomkraft: Irrweg in der Klimakrise. 15 Gründe, warum Atomkraft keine Option gegen den Klimawandel ist