Strompreissenkungen statt Klimainvestitionen? Ein verfassungsrechtlich gefährlicher Kurs
Straßen, Brücken, Schienen, Schulen, Krankenhäuser und digitale Netze wurden in den letzten Jahren stark vernachlässigt. Viele Bereiche sind sanierungsbedürftig, und Deutschland hinkt bei Investitionen hinterher. Gleichzeitig braucht es große Anstrengungen, um die Ziele beim Klimaschutz und die Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen.
Im März 2025 hat der Bundestag deshalb ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zwölf Jahren eingerichtet. Damit kann der Staat gezielt Schulden aufnehmen, ohne gegen die Schuldenbremse zu verstoßen.
Mit dem Bundeshaushalt 2025/2026 stellt der Bundestag die Weichen: Klimasichere Zukunft oder fossile Vergangenheit?
Vor Kurzem hat Finanzminister Klingbeil die Kabinettsentwürfe für die Bundeshaushalte 2025 und 2026 vorgestellt. Das Ergebnis ist enttäuschend.
Trotz des neuen 500-Milliarden-Euro-Sondervermögens sollen die Investitionen in Klimaschutz gekürzt werden. Stattdessen sollen mit diesen Geldern künftig Erdgasprojekte gefördert werden. Damit unterstützt die Regierung nicht den dringend notwendigen Klimaschutz, sondern trägt durch diese Maßnahmen sogar dazu bei, dass zusätzliche Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestoßen werden.
Das Sondervermögen ist wie folgt aufgeteilt:
- 100 Milliarden Euro gehen direkt an Länder und Kommunen, zum Beispiel für Schulen, Krankenhäuser, Straßen und Brücken.
- 100 Milliarden Euro fließen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) – damit werden Projekte für erneuerbare Energien, den Umbau der Wirtschaft und Klimaschutzmaßnahmen finanziert.
- 300 Milliarden Euro stehen dem Bund für weitere Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung, Forschung, Energieversorgung und soziale Infrastruktur zur Verfügung.
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Zudem verankerte der Bundestag durch eine Änderung im Grundgesetz das Sondervermögen im neuen Artikel 143h GG und schaffte somit die rechtliche Voraussetzung für die tatsächliche Planung und Umsetzung des 500-Milliarden-Euro-Sondervermögens. Vor der Grundgesetzänderung war das Sondervermögen nur als Option angelegt, nicht als schon ausdetailliertes Finanzpaket für 2025.
Für 2025 sind laut Bundesregierung bereits rund 19 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für Bundesinvestitionen vorgesehen, zusammen mit anderen Mitteln insgesamt etwa 37 Milliarden Euro.
Klimaschutz als Verfassungsauftrag
Doch jetzt sollen ausgerechnet Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) für Strompreissenkungen zweckentfremdet werden. Trotz des neuen 500-Milliarden-Euro-Sondervermögens sollen die Investitionen in den Klimaschutz im KTF gekürzt werden. Stattdessen sollen mit Geldern aus dem KTF künftig Erdgasprojekte gefördert werden.
Ein aktuelles Rechtsgutachten von Dr. Roda Verheyen im Auftrag des WWF warnt: Dieser Kurs ist nicht nur klimapolitisch falsch – er ist verfassungsrechtlich fragwürdig.
Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass eine Strompreissenkung nicht als zusätzliche Investition gilt und daher nicht aus dem Sondervermögen finanziert werden darf. Auch die Nutzung des Klima- und Transformationsfonds (KTF) für diesen Zweck wird aus juristischer Sicht als problematisch bewertet.
Die rechtliche Grundlage ist klar: Artikel 20a des Grundgesetzes verpflichtet den Staat zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Der Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) von 2021 verlangt die Transformation Deutschlands zu einer klimaneutralen Volkswirtschaft, die das CO2-Budget des Pariser Klimaabkommens von 2015 einhält. Mit Artikel 143h GG wurde dieses Ziel 2023 konkretisiert: Die Klimaneutralität bis 2045 ist nun Verfassungsauftrag. Deswegen sollte der Klima- und Transformationsfonds (KTF) weiterhin das zentrale Instrument für den Klimaschutz in Deutschland bleiben und gezielt gestärkt werden.
Die Grundgesetzänderung wird dem Verfassungsauftrag zum Klimaschutz nicht ansatzweise gerecht. “Erst große Ankündigungen machen und dann beim Klima- und Transformationsfonds kürzen – das ist nichts anderes als Haushaltstrickserei”, betonte Grünen-Chef Felix Banaszak bei einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
Die Forderungen sind klar: Hände weg vom Klima-Sondervermögen
Wer jetzt beim Klima spart, riskiert nicht nur Rückschritte bei der Energiewende, sondern verstößt gegen geltendes Recht. Das Sondervermögen gehört der Zukunft und nicht der Vergangenheit.
Wie kann ich aktiv werden?
- Schreibe deinen Wahlkreisabgeordneten, damit sie Druck machen auf die Bundesregierung
- Nimm an der Kampagne von GermanZero teil
- Klick dich ins Verbändepapier von Germanwatch und Co. könnte man am Schluss noch erwähnen und verlinken
Bildquelle: GermanZero