In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem RWE-Vorstand gaben Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur am Dienstag bekannt, dass das Dorf Lützerath abgebaggert werden soll. Die Kohle unter Lützerath sei notwendig, um die Gasknappheit auszugleichen.
Dem widersprechen Wissenschafler*innen und Aktivist*innen aber klar. Erst Mitte August kam eine Studie der “CoalExit Reserach Group” zu dem Ergebnis, dass die Braunkohle unter Lützerath aus energiepolitischer Sicht nicht benötigt werde, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Demnach bestehe selbst bei Gasknappheit und einer (völlig unrealistischen) Vollauslastung der reaktivierten Kohlekraftwerke, keine Notwendigkeit dafür, Lützerath abzubaggern.
Die Bundesregierung gab außerdem bekannt, dass der Kohleausstieg in Nordrhein-Westfalen auf das Jahr 2030 vorgezogen werde. Dafür will RWE neue Gaskraftwerke bauen. Zwei Braunkohlekraftwerke werden länger laufen als geplant.
Scharfe Kritik aus den Reihen der Klimabewegung am Vorhaben der Bundesregierung
Die Klimabewegung kritisierte diese Vorhaben scharf. Alle Dörfer Bleiben schreiben in einer Pressemitteilung:
“Die Entscheidung, Lützerath zu opfern, bedeutet also einen Bruch der Grünen mit der Wissenschaft und damit auch mit der Klimabewegung. Heute ist ein schlechter Tag für den Klimaschutz, von Gerechtigkeit ganz zu schweigen.“
Luisa Neubauer schrieb auf Twitter:
Die Energieversorgung kann laut DIW ohne die Lützerath-Kohle gesichert werden. Ein Kohleausstieg 2030 muss so oder so kommen. Und dennoch soll der klimafeindlichste Konzern Deutschlands jetzt auch Lützerath bekommen. Die Grünen sind vor RWE eingeknickt.
Wir nicht. #StandWithLützi— Luisa Neubauer (@Luisamneubauer) October 4, 2022
Jetzt mit etwas mehr Ruhe zu #Luetzerath: das, was da heute passiert ist, ist ein riesiger Skandal. Ein 🧵zur Einordnung.
Beginnen wir mit den Fakten:
– 2 Kraftwerke, die bis Ende ’22 abgeschaltet werden sollten, laufen nun bis 03/24 weiter
– Der Braunkohleausstieg in NRW 1/x— Maximilian Becker (@bckrmx) October 4, 2022
Abschied vom “letzten Landwirt Lützeraths” Eckardt Heukamp
Am ersten Oktoberwochenende – wenige Tage vor der Pressekonferenz – ging der Hof von Eckardt Heukamp endgültig an RWE über. Der “letzte Landwirt Lützeraths” hatte sich lange gegen seine Enteignung durch RWE für die Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler II gewehrt. Nach einem längeren Rechtsstreit und einer Niederlage vor Gericht hatte er seinen Hof im April 2022 an RWE verkauft. Dennoch setzt er sich bis heute für den Erhalt Lützeraths ein und kämpft mit den Aktiven vor Ort dafür, dass kein Dorf mehr der Braunkohle zum Opfer fällt.
Auch wir waren im letzten Jahr mit dem Aktionsbündnis “Unternehmen Klimaschutz” in Lützerath, um die Menschen vor Ort zu unterstützen und für den Erhalt des Dorfes zu protestieren. Wir haben auch Eckardt Heukamp auf seinem Hof besucht und bewundern seinen Mut und seine Ausdauer!
Lützerath als Symbol der Klimabewegung
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen bereiten sich die Aktivist*innen in Lützerath auf eine Räumung des Dorfes vor. Auf der Seite x-tausend-luetzerath.de kann man eine Absichtserklärung unterzeichnen. “Wenn die Landesregierung Lützerath räumen und abreißen will, werde ich vor Ort sein und mich der Zerstörung in den Weg stellen.”, heißt es dort. Knapp 10.000 Menschen haben diese Absichtserklärung bereits unterzeichnet.
In den nächsten Wochen und Monaten gilt es also weiterhin, den Druck auf die Regierung massiv zu erhöhen, damit Lützerath politisch unräumbar und ein weiteres Symbol für gelungenen Einsatz für Klimagerechtigkeit wird.