Gaskraftwerke in Deutschland

Mehr Gaskraftwerke in Deutschland?

Gaskraftwerke in Deutschland

Ein Kommentar von WindRat-Projektmanager Peter Keller.

Viele Tage im Jahr gibt es Überschussstrom, vor allem mittags durch die Photovoltaik-Anlagen. Wenige Tage und Stunden im Jahr, meist bei windstillen und nebligen Dezembertagen, dagegen die sogenannte Dunkelflaute mit wenig Wind- und Solarenergie. Die idealen Vorkehrungen einer kombinierten Strategie wären hier Verstärkung des europäischen Netzes, Ausbau und Netzintegration der Erneuerbaren Energien. Ebenso Nachfragemanagement und Smart Meter, Forcierung des flächendeckenden Ausbaus von Speichern, bidirektionales Laden bei E-Autos sowie Wasserstoffspeicher und -kraftwerke, die mit grünem Strom arbeiten und auf Wasserstoff umrüstbare Gaskraftwerke.

Die Bundesregierung bevorzugt jedoch einen anderen Weg: Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche kündigte an, dass Deutschland Gaskraftwerke in der Größenordnung von 20 Gigawatt braucht, die nun sehr schnell gebaut werden müssen. Das wollte auch ihr Vorgänger Robert Habeck – allerdings nur 10,5 Gigawatt und am besten solche, die später auch Wasserstoff verarbeiten können. Davon hat Reiche nichts verlauten lassen. Die ehemalige Managerin ist dem fossilen Brennstoff Erdgas offensichtlich sehr positiv aufgeschlossen. Das passt zu all denen in der Bundesregierung,  die realitätsfremd immer noch von günstigem russischem Gas träumen.

Frau Reiche behauptet nun, die Größenordnung von 20 Gigawatt sei notwendig, um etwaige Dunkelflauten zu überbrücken. Und sie hat keine Probleme damit, dass ihrer ehemaligen Branche nun deutlich größere Versorgungsaufträge winken. Sie verweist darauf, dass zukünftig CO₂ abgeschieden und gespeichert werden soll – eine technische Herausforderung, die für die Erreichung der vereinbarten Klimaschutzziele aber unabwendbar ist.

Mehr Gaskraftwerke: Wenig sinnvoll

Die Strategie der neuen Bundeswirtschaftsministerin ist aus drei Gründen wenig sinnvoll: Zum einen müssen die Gaskraftwerke nur wenige Stunden im Jahr laufen und brauchen deshalb hohe Subventionen. Teuer erkaufte Überkapazitäten führen zu steigenden Energiepreisen. 

Zum anderen ist bei Gaskraftwerken die Abscheidung von CO2 aufwendig, weil die Konzentration im Abgas gering ist. Anders ist das bei Zementwerken oder Kohlekraftwerken. Die Abscheidung benötigt weitere 40 Prozent Energie. Die Kosten liegen damit bei 160 bis 200 Euro pro Tonne CO2.

Und letztendlich ist die CO2-Reduktion nur gering, weil etwa 60 Prozent der CO2-Emissionen bei der Gas-Förderung und dem Transport freigesetzt werden.

Kritik von Wirtschaftsexpert*innen

Reiches Gaspläne rufen nicht nur die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) auf den Plan, welche die Gaspläne als „völlig überdimensioniert“ bezeichnet. “Auch die Wasserkraft, die Flexibilisierung des Energiesystems und der Einsatz von immer kostengünstigeren Großbatterien wären gangbare Alternativen”, so Prof. Kemfert. Nach Einschätzung von Martin Kaiser, Klima-Experte von Greenpeace müsse Deutschland endlich die fossilen Ketten sprengen, die das Land an teure fossile Importe fesseln. „Statt Deutschland mit einem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren unabhängiger zu machen, will Katherina Reiche uns in neue fossile Abhängigkeiten steuern.”

Batterispeicher spielen in den Überlegungen der Bundeswirtschaftsministerin mit rd. 0,5, GW Abdeckung anscheind keine große Rolle. Selbst Robert Zurawski, Deutschland-Chef von Vattenfall betont, dass 20 GW zu viel seien: „Speichern gehört die Zukunft. Gaskraftwerke können aber nur erzeugen – das ist die alte Welt. Nach meiner Einschätzung muss sich die Bundesregierung das Gesamtkonzept noch einmal anschauen“, sagte er in einem Interview. Und das sollte sie unserer Meinung nach auch tun.


Peter Keller

Peter Keller ist Projektmanager des Protect the Planet-Projekts WindRat. Dabei berät er Kommunen rund um das Thema Windenergienutzung onshore, Bürgerbeteiligung, Förderungen und Netzwerke.

Seit über 20 Jahren in den Themenfeldern Regionalentwicklung, Klimaschutz und Energiewende in verschiedensten Funktionen tätig und unterwegs, verfügt Peter Keller über breite fachliche Expertise und große Erfahrung speziell in der Akzeptanzförderung für Energiewendeprojekte bei der Bevölkerung vor Ort.  

Bei der Green City AG war er u.a. neben dem Aufbau und Implementieren des Bereichs Kommunale Energieberatung mehrere Jahre tätig als Bereichsleiter „Planen und Realisieren“ bei Planung, Projektierung und Realisation von Windkraftanlagen als ökologische Bürgerbeteiligungsmodelle in Deutschland. Darüber hinaus verfügt Peter Keller auch durch seine mehrjährige Tätigkeit zuletzt bei der Green City Experience GmbH über langjährige Projekteerfahrung in Energiewendeprojekten auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. 

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